Für Michael Ferguson von Not A Wooden Spoon sind alte Dielen die Bretter, die die Welt bedeuten. berlinINTERIOR besuchte den Möbeldesigner, Anthropologen und Preisträger der diesjährigen Guardian Upcycling Competition in seinem Studio.
Not A Wooden Spoon baut auf und mit den Holzplanken, die sanierungsbedingt viele Jahre aus Berlins Baucontainern ragten und mittlerweile zum raren Gut geworden sind.
Wie kamst du auf die Idee, Möbel aus alten Dielen zu bauen?
In Australien habe ich einen ehemaligen Farmer kennengelernt, der für sich selbst Möbel baute. Seine Freunde und Nachbarn fragten ihn immer, ob er auch Möbel für sie bauen könnte und es stellte sich heraus, dass er mehr Erfolg mit seinen Möbeln als mit dem Anbau von Baumwolle hatte. Er eröffnete einen Laden in Sydney, und da hab ich ihn dann auch entdeckt. Ich habe mich sofort in seine Möbel verliebt und ihn gefragt, ob ich mit ihm zusammen arbeiten könnte. Er hat seine Möbel aus alten Dielen gebaut. Ein, zwei Jahre habe ich mit ihm gearbeitet und anschließend angefangen, selber Möbel zu entwerfen und zu bauen. In Australien hat alles angefangen, aber durch Berlin ist alles einmalig geworden: Die Dielen hier sind teilweise über 100 Jahre alt und haben manchmal auch ganz besondere Farben.
Hast du vorher Tischler oder Schreiner gelernt?
Bevor ich mit dem Baumwollfarmer zusammen gearbeitet habe, war ich in Sydney bei einem Tischler, Jack, für den ich eine Weile gearbeitet habe, aber das kann man nicht offiziell als Ausbildung bezeichnen. Bei ihm habe ich alle Handgriffe gelernt, aber das Material, das er benutzt hat war nicht so schön. Neue Holzplatten ohne Patina oder sogar MDF.
Wie bist du nach Berlin gekommen?
Rachel, meine Freundin, war in Berlin zu Besuch und hat sich in die Stadt verliebt. Wir haben uns zwar in Sydney kennengelernt aber sie schwärmte immerzu von Berlin. Also flog ich für ein Wochenende in die Stadt. Damals wurden die ganzen Häuser gerade saniert und ich habe überall geeignetes Material auf den Straßen rumliegen sehen, das für mich zum Bauen geeignet war. Da wusste ich, ich kann hier sofort loslegen mit meiner Arbeit. Vor ziemlich genau 7 Jahren sind wir in Berlin angekommen. Im März darauf lernte ich meinen damaligen Vermieter vor seinem Haus kennen. Ich hatte ihn vorher schon oft gesehen, wie er am Haus arbeitete und mir ist der kleine Laden aufgefallen, den ich mir noch nicht leisten konnte. Aber ich fragte ihn, ob ich sein Schaufenster nutzen dürfte als Werbefläche. Dadurch habe ich ein paar Aufträge bekommen und anschließend den ganzen Laden gemietet und mein vorübergehendes Atelier, das eine alte Garage war, umgezogen. Für den Anfang war das perfekt, weil die Miete sehr günstig war, und so konnte ich endlich Not A Wooden Spoon gründen.
Bis vorvergangenes Jahr noch im letzten unsanierten Haus der Oderberger Strasse angesiedelt, ist Michael mittlerweile weiter gen Osten gezogen und hat seine Zelte in Hohenschönhausen aufgeschlagen: Wo bis zur Wende noch Spionageanlagen produziert wurden, entstand in direkter Nachbarschaft zur Stasi-Gedenkstätte ein Atelierhaus für Künstler aus aller Welt.
Du bist sehr ordentlich. Auf den ersten Blick wirkt alles chaotisch, aber wenn man genau hinsieht, hat alles seinen Platz.
Das muss auch so sein, weil es sonst ein einziges Chaos wäre und ich nicht entspannt arbeiten könnte. Ich werfe auch nichts weg, ich sammle alles auf kleinen Haufen. Die ganzen kleinen Stücke sind so schön, ich kann sie nicht wegwerfen und daher füge ich sie zusammen zu Kunst. Ich mache große Bilder daraus. Ich habe schon fünf oder sechs gebaut und irgendwann möchte ich eine Ausstellung machen.
Wie entwickelst du eigentlich deine Möbel, wie gestaltest du deine Stücke?
Am liebsten baue ich Tische, weil Dielen dafür perfekt geeignet sind und das Material so am besten zur Geltung kommt. Alles was übrig bleibt, also die Reststücke, erzählen mir dann, was ich noch so aus ihnen bauen könnte, sei es eine Lampe oder ein Stuhl. Manchmal kommt es auch einfach darauf an, was ich selber gerade brauche.
Was ist anders an altem Holz im Vergleich zu neuem Holz?
Also der wichtigste Unterschied ist die Patina. Neues Holz sieht einfach ganz anders aus. Ich liebe diese alte Patina, die Farbe, die Struktur, die Fehler. Auch ohne Farbe ist es einfach schön, es ist dunkler als neues Holz. Diese Dielen sind mindestens 100 Jahre alt und waren festgenagelt an ihrem Platz, sie sind trocken und arbeiten nicht mehr. Mit neuem Holz hast du nach einem Jahr schon Probleme, weil es arbeitet. In England habe ich einmal Holz gefunden, das viele Jahre im Meer lag, Teile von Wellenbrechern. Ich habe damals einem Bauern einiges davon abgekauft. Die Teile waren komplett feucht, aber nur bis zu einer Schicht von 3 mm, drunter war es einfach perfekt. Ich habe mir alles zurecht gehobelt und dann Tische daraus gebaut. Das fühlte sich teilweise an wie Metall.
Mittlerweile arbeitet Michael nicht nur für begeisterte Privatkunden, sondern ist auch im Geschäftsbereich gefragt. Für das Berliner Café Krone entstanden Tische und Arbeitsflächen.
Fotos © Rachel Holmshaw, Verda Sındıran, Roland Schiller, Peter Becker